Greta Thunberg legt den Finger in die Wunde, wenn sie formuliert: „Unser Haus brennt.“ Es ist völlig unklar, ob es tatsächlich noch zwei Minuten vor zwölf ist, oder nur zwei Sekunden, oder ob es womöglich schon zwölf geschlagen hat. Als sicher gilt, dass die Erwärmung des Klimas auch dann weitergehen würde, wenn der Ausstoß aller Treibhausgase schlagartig beendet würde. Aber es scheint so, als ob Regierungen und Investoren glauben, dass sie sich immer noch etwas Zeit lassen können, bis sie damit beginnen, wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Bis dahin scheint es ihnen zu genügen, die Verbraucher*innen dazu aufzufordern, sich klimafreundlich zu verhalten. Dabei scheint sich niemand darüber zu wundern, dass immer noch täglich Millionen von Barrel Erdöl gefördert werden, dass weiterhin Milliarden in diese Industrie investiert werden, dass Erdöl immer noch eine große Rolle in weltpolitischen Angelegenheiten spielt.
Mit Gretas Worten: „Manche Leute sagen, wir alle hätten die Klimakrise gemeinsam verursacht. Doch das ist eine Lüge. Denn wenn alle schuldig sind, ist niemand schuldig zu sprechen. Aber es gibt Schuldige. Einige Leute, einige Unternehmen, vor allem einige Entscheidungsträger wussten genau welchen unbezahlbaren Wert sie opfern, um weiterhin unglaubliche Mengen an Geld zu verdienen.“
Anstatt eine nachhaltige Energie Infrastruktur zumindest zu planen, werden Öl- und Gaspipelines weiterhin projektiert und gebaut. Anstatt eine nachhaltige Mobilitätstechnologie zu entwickeln, werden weiterhin Fabriken für Verbrennungsmotoren geplant und gebaut. Natürlich brauchen Maßnahmen Zeit. Zeit die langsam knapp wird (zwei Minuten vor) oder schon abgelaufen ist. Über fünfzig Jahre lang haben sich Regierende und Unternehmen geweigert, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Erdbevölkerung zu einer Belastung für den Planeten Erde selbst wird. Dazu Greta: „Wir Kinder tun normalerweise nicht das, was Erwachsene uns sagen. Wir tun es ihnen nach. Und nachdem ihr auf meine Zukunft scheißt, scheiße ich auch darauf.“
Greta Thunberg will nicht, dass wir hoffnungsvoll sind, will keine Hoffnung, sie will dass wir „panisch“ werden. Das wäre meine Befürchtung – Panik angesichts steigender Meeresspiegel, steigender Temperaturen im Sommer, Wetterkatastrophen, Missernten, Hunger und Wasserknappheit. Die Betroffenen werden panisch reagieren – wie könnten sie auch nicht. Aber panische Angst trübt das Urteilsvermögen. In Panik zählt nur der Augenblick. Was aber jetzt zählt, ist die gegenwärtige Gefahr ins Auge zu fassen, sie als eine monströse Gefahr zu erkennen und entsprechende Pläne zu fassen und deren Ausführung anzugehen. Die vielbeschworene Macht der Verbraucher*innen wird nicht genügen, um mit den Gefahren, die auf uns zukommen umzugehen. Regierungen und Unternehmen sind gefordert, endlich ihrem Auftrag nachzukommen, für die Menschen und die Menschheit Sorge zu tragen und das heißt heutzutage, die Lebensgrundlage aller Menschen, den Planeten Erde zu schützen. Deshalb unterstütze ich #FridaysForFuture und #ClimateStrike
Sommer 2019
Ich habe es gerne warm und ich freue mich auf den Sommer. Dann kann ich abends auf dem Balkon sitzen, ein wenig basteln oder lesen, oder einfach ab und zu einen Schluck Bier trinken und dort oben das Leben auf der Straße, in den Bäumen und am Himmel beobachten.
Der Winter war allerdings schon ziemlich trocken und ein leises Stimmchen fragt bange bebend: „Was, wenn dieser Sommer wieder so trocken wie letztes Jahr wird?“
Wie gesagt, ich mag es gerne warm und habe auch keine Probleme bei Hitze. Allerdings weiß ich, dass Hitze und Trockenheit dem Wald sehr zusetzen und natürlich auch der Landwirtschaft und der Gesundheit vieler Menschen – ach ja, das Wasser wird dann auch knapper.
Ich fühle mich da ambivalent – einerseits mag ich es gerne warm (falls ich das noch nicht erwähnt haben sollte), andererseits befürchte ich die Schäden, die ein zweiter Hitzesommer in Folge anrichten würde. Womöglich würden dann sogar noch mehr Mitbürger*innen damit beginnen, sich ernsthaft angemessene Sorgen um das Klima zu machen.
Das könnte sich sogar so auswirken, dass die von Greta Thunberg angestoßene Bewegung #FridayForFuture noch mehr Anhänger gewinnen würde – womöglich sogar solche, die gar nicht mehr zur Schule gehen #parentsforfuture oder gar #grandparentsforfuture. Womöglich kämen dann Politik und Wirtschaft nicht mehr darum herum, zumindest so zu tun, als ob sie versuchten, endlich wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Andererseits hat Hitze gerne den Effekt, dass sie träge macht. Ich kann Trägheit genießen – alles geht dann eben etwas langsamer und am liebsten im Schatten. Wenn dieser Effekt sich nun aber auch auf die ohnehin schon träge Klimapolitik auswirken würde? – das fände ich nicht so gut.
Die Sommerpause des Bundestags müsste verlängert werden, in den Ministerien liefen die Klimaanlagen auf Hochtouren, verbrauchten jede Menge Strom, weshalb die Kohlekraftwerke auch unglaublich viel tun müssten, weil die Flüsse nicht mehr genug Wasser führten um die letzten AKWs zu kühlen. Sorry, wir würden ja gerne etwas tun, aber im Moment ist es einfach zu heiß dazu.
Also ein weiterer zu heißer und zu trockener Sommer könnte ein Katastrophengefühl schon ziemlich nahe bringen.
Und auch da bin ich ein bisschen ambivalent. Weil, eigentlich mag ich keine Katastrophen, und andererseits finde ich sie auch faszinierend. Die Action, die da abginge und dann würden alle Macher aus Politik und Wirtschaft endlich zugeben müssen, dass sie zumindest gepennt haben – jahrzehntelang! Aber nutzt das was, wenn die Katastrophe da ist?
Aber es geht ja eher um das Katastrophengefühl. Mehr Katastrophengefühl fände ich echt gut angesichts einer real drohenden Katastrophe.
Also mir erscheint der kommende Sommer als eine echt spannende Sache.
Und wenn er nicht heiß wird, wünsche ich mir, dass er auf keinen Fall kalt wird.
#Anthropozän
Dass die Menschheit das Klima bereits verändert hat, ist ein messbarer Fakt. Es ging vor ungefähr zweihundert Jahren ganz langsam los. Über zweihundert Jahre lang wurde erst Kohle und dann Erdöl verbrannt – diese wunderbaren Energiespeicher aus den Wäldern der Warmzeiten – die vor Millionen von Jahren untergegangen sind.
Diese Anlaufzeit von über zweihundert Jahren hat eine gewisse Wucht aufgebaut – eine Masse, die sich in Bewegung übersetzt hat. Ich denke, es ist nicht ganz klar, wieviel Masse hinter dieser Bewegung steckt, und wie sich diese Bewegung auf das Klima der Erde auswirken wird.
Das Klima der Erde ist ein hochkomplexes System, bzw. ein Durcheinander von Systemen, die sich untereinander stabilisieren und irritieren und so irgendwie ein halbwegs geregeltes Miteinander schaffen.
Wenn Sie ihre Hand in ein Glas Wasser mit angenehmer Temperatur halten und dieses Wasser ganz, ganz langsam erhitzt wird. Und wenn Sie nebenbei etwas Interessantes im Fernsehen sehen. Dann werden Sie irgendwann eine gekochte Hand ihr eigen nennen, und Sie hätten nichts davon bemerkt.
Wie würden Sie reagieren, wenn Sie endlich bemerkt hätten, dass ihre rechte Hand gekocht wäre?
Ich stelle mir das einigermaßen erschütternd vor. Das könnte nicht rückgängig gemacht werden! – und etwas in mir würde im Chaos versinken.
Ein System ist eine Art von Ordnung, die ins Chaos abgleiten kann.
Im Chaos ist jede Ordnung und jede Macht verloren – Regeln gelten nicht mehr.
Klima Chaos zu erleben, würde unendliches Leid für viele, viele Menschen bedeuten.
Nach dem Chaos wird irgendwann dann eine neue Ordnung entstehen.
Ganz von selbst und irgendwie …
Können wir es noch schaffen, das Klima bekömmlich zu erhalten?
Greta Thunberg auf Twitter vom 26. März 2019
Perhaps the most dangerous misconception about the climate crisis is that we have to “lower” our emissions. Because that is far from enough. Our emissions have to stop if we are to stay below 1,5/2°C warming.
That rules out most of today’s politics. Including airport expansions..
Die Sprachregelungen, „Umweltschutz“ und „Klimawandel“ für den, oder gegen den etwas unternommen werden müsste, sind genau genommen etwas verharmlosend. Sie lassen ein Bild entstehen, als wären Umwelt und Klima zwei ältere Damen, denen man beim Überqueren der Straße behilflich sein müsste – eine gute Tat, für die sicher jemand anderes die Zeit finden wird.
Tatsächlich ist es so, dass sich Umwelt und Klima kein bisschen für menschliche Angelegenheiten interessieren. Wird zu wenig oder das falsche mit ihnen getan, juckt die das aber so was von gar nicht. Aber die Folgen für die Lebewesen der Erde, einschließlich des Menschen, könnten katastrophal werden.
Es dient also dem Schutz von Menschen (und anderen Lebewesen), wenn wir Verantwortung dafür übernehmen, wie sich unsere Lebensstil auf Umwelt und Klima auswirkt.
Dass die Entwicklung des globalen Klimas bereits besorgniserregend ist, spricht sich allmählich herum. Dass Greta Thunbergs obige Aufforderung so gut wie nicht zu erfüllen ist, steht zu befürchten. Stolpern wir also fast hilflos in eine düstere Klimazukunft?
Oder könnte uns vegane Ernährung, Verzicht auf Flugreisen und Autos, Verzicht auf Plastiktüten und –Flaschen oder die Wiederverwertung aller möglichen Produkte noch irgendeinen Aufschub geben? Würde der sofortige Ausstieg aus den CO² Emissionen überhaupt noch etwas bewirken können?
Könnten wir erzwingen, dass die täglich geförderten ca. vier Millionen Tonnen Erdöl, im Boden bleiben; dass die gigantische Anzahl an sog. Nutztieren herabgesetzt wird, die Abermillionen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor stehen bleiben; dass die energieintensiven Industrien auf grünen Strom umgerüstet werden?
Greta Thunberg meint, dass wir uns so verhalten müssten, als würden wir uns im Krieg befinden. Ich verstehe sie so, dass sie meint, dass wir zu drastischen Veränderungen in unserem Lebensstil bereit sein müssen, um uns eine Chance zu bewahren, das Klima Gleichgewicht halbwegs zu erhalten.
Gelingt uns dies nicht, laufen wir Gefahr, drastische Veränderungen erzwungen zu erleiden.
So oder so – es scheint unvermeidlich, dass eine große Veränderung auf uns zukommt.
Ich denke, das ist die schwarz/weiß Frage und meiner Ansicht nach befinden wir uns im Moment genau in einem schmalen Zeitfenster – gerade noch von Selbstverständlichkeiten umgeben und möglicherweise schon in wenigen Jahren mit Phänomenen konfrontiert, die dann wahrscheinlich „Ausnahmesituationen“ genannt werden.