Frodo: “Ich wünschte, all das wäre nie passiert.“
Gandalf: “Das tun alle, die solche Zeiten erleben. Aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Du musst nur entscheiden, was du mit der Zeit anfangen willst, die dir gegeben ist.“
Dieser Dialog stammt aus dem „Herrn der Ringe“ – ich finde, er passt auch gut in unsere Zeit und das nicht mehr nur in Mittelerde.
Der Klimawandel mag sich als genauso schlimm erweisen, wie die rücksichtslosen Ränke des ruchlosen Sauron. Der Geist von Mordor ist bereits überall und nirgends, vor der eigenen Haustür und in fernen Weltgegenden – ebenso gestaltlos, wie der finstere Herrscher auf seinem dunklen Thron.
Wer kommt sich heute nicht wie Frodo der tapfere Hobbit vor? Wer fühlt sich nicht winzig klein vor den gewaltigen Bedrohungen, die bereits mancherorts hereinbrechen? Das Auenland aller Menschen ist von gefühl- und erbarmungslosen Mächten bedroht – Fluten, Dürren, Stürme, Brände und danach Krieg, Hunger, Flucht und Tod.
Aber im Unterschied zum Roman gibt es nicht die eine Tat, die uns alle retten könnte. So wie kein einzelner Mensch daran schuld ist, dass diese Mächte entfesselt wurden, so kann kein einzelner Mensch diese Mächte aufhalten. Menschen können sich nur zusammentun und versuchen, gemeinsam und planvoll zu handeln um zu retten, was zu retten ist – quasi ein Bündnis der Völker, wie das von Menschen, Zwergen, Elben und Ents.
Aber wie im Roman scheint es auch im wirklichen Leben Orks und Warge zu geben. Die Nazgul kreisen kreischend über unseren Köpfen und der Balrog versengt die Wälder. Nicht zu vergessen, die schillernden Zauberer vom Schlage eines Saruman, die uns weismachen wollen, dass grün, rot sei, und eben alles gar nicht so schlimm, und auch nicht die Gollums, die unsichtbar herumschleichen und ihren Opfern in die Waden beißen.
Und ebenso wie im Roman gibt es immer noch arglose Mitmenschen, die noch gar nichts von der Gefahr gehört haben; diejenigen, die von ihr gehört haben, aber auf Rettung spekulieren; diejenigen, die kopflos versuchen, sich mit ungeeigneten Mitteln zu retten; und natürlich diejenigen, die schon aufgegeben haben, bevor es richtig angefangen hat.
Nun gibt es wie gesagt nicht diesen einen Ring, diesen SCHATZ, diese wertvolle Preziose aus reinem Gold, das mit überwältigender und tödlicher Macht ausgestattet ist, dessen Zerstörung alle retten könnte.
Aber vielleicht lässt sich der Schatz metaphorisch verstehen. Dann stünde er für alles, woran sich Menschen klammern, was sie nicht hergeben und nicht loslassen möchten. Sie glauben vielleicht auch, dass ihr Schatz ihnen eine besondere Macht verleiht, dass sie sich dank ihm von anderen Menschen abheben. Oder auch, dass der Schatz ein Talisman ist, der sie vor den zahllosen Gefahren, die in der Welt lauern, schützt.
Wenn ich die „Schätze“ der zeitgenössischen, (v.a. nördlichen) Zivilisationen betrachte – von Verkehrssystemen, Energieversorgung, Nahrungs- und Genussmitteln, über Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Demokratie, bis zu Lebens-, Renten- und Krankenversicherungen – dann kann ich verstehen, dass diese Errungenschaften Sicherheit und ein gutes Leben versprechen. Wer diese Schätze nicht hat, der strebt nach ihnen und wer sie schon hat, möchte sie nicht mehr missen.
Schade nur, dass diese Schätze einen Preis haben. Sie zu erschaffen und zu unterhalten bleibt nicht folgenlos für Gaia. Galadriel drückte es passend aus: „Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser. Ich spüre es in der Erde. Ich rieche es in der Luft.“ Schätze zu erschaffen scheint auch Unheil mit zu erschaffen.
Auch Frodo konnte den Ring nicht einfach aufgeben – er musste ihm vom Finger gebissen werden. Schätze loswerden kann weh tun. Worauf müssen wir in Zukunft wohl verzichten? Und wie können wir uns davon lösen? Was werden wir stattdessen finden? Und welchen Preis dann dafür bezahlen? Die Zukunft ist notorisch unvorhersagbar.
Aber für diesen Ausblick hat Samweis Gamdschie wohl die besten Worte gefunden:
Sam: „[…] Und manchmal wollte man das Ende gar nicht wissen, denn wie könnte so eine Geschichte gut ausgehen? Wie könnte die Welt wieder so wie vorher werden, wenn so viel Schlimmes passiert ist? […] Aber ich glaube, Herr Frodo, ich versteh‘ jetzt. Ich weiß jetzt: Die Leute in diesen Geschichten hatten stets die Gelegenheit umzukehren, nur taten sie’s nicht. Sie gingen weiter, weil sie an irgendetwas geglaubt haben!“
Frodo: Woran sollen wir glauben Sam?
Sam: Es gibt etwas Gutes in dieser Welt Herr Frodo, und dafür lohnt es sich zu kämpfen!“