Die neue Klimabewegung ist nun mehr als ein Jahr alt. Fridays for Future und viele andere Gruppen haben in kurzer Zeit viel erreicht. Die Bundesregierung verabschiedet ein Klimapäckchen, die EU einen „Green New Deal“, Investmentfirmen mahnen Klimaschutz an – die Brisanz des Themas ist weiten Kreisen der Bevölkerung bewusst geworden.
Leider sieht es so aus, als ob alle bisher ergriffenen Maßnahmen viel zu kurz greifen – sie kommen nach Expertenmeinung zu spät und sind zu zögerlich. Es erscheint unwahrscheinlich, dass so das Pariser Ziel von maximal 1,5° C Erwärmung erreicht werden kann.
Inzwischen scheint eine Art Überdruss um sich zu greifen – „Nicht schon wieder dieses lästige Klimathema!“ Hinzu kommen andere Schlagzeilen – Corona-Pandemie, Flüchtlingskrise, Börsencrash. Alles Themen, die zurecht ebenfalls Aufmerksamkeit auf sich ziehen und nebenbei auch zeigen, wie effektiv entschlossenes staatliches Eingreifen in Katastrophenfällen sein kann.
Auf Seiten der Engagierten macht sich eine gewisse Erschöpfung bemerkbar. Was vielleicht zunächst wie ein Sprint ausgesehen hat, erweist sich nun als Ultra-Marathon. Was zunächst wie ein klar umrissenes Thema aussah erweist sich als verfilztes und verschachteltes Problem – wo soll man da anfangen, und wo hört es auf?
Diese Komplexität führt zu einer gewissen Zerstreuung der Klimabewegungen. Einige beginnen damit, den Kapitalismus zu bekämpfen, andere bekämpfen rechte Parteien, wieder andere ermahnen zu veganer Ernährung und Verzicht auf SUVs, manche setzen sich für Klima Migrant*innen ein, und mehr und mehr kommen einzelne Firmen (Siemens, Heidelberg Zement, RWE) in den Fokus des Protests.
Die ursprünglichen Adressaten des Klimastreiks, die politisch Verantwortlichen, geraten aus dem Blick. Sie ruhen sich auf ihren vermeintlichen „Lorbeeren“ aus und verweisen auf Sachzwänge. Ein jeder versteckt sich hinter dem anderen, verweist auf noch schlimmere Übeltäter, die ja auch nicht schwer zu finden sind.
Die Zeit drängt. Und auch wenn viele Menschen diesen Umstand verdrängen, ist er ebenso vielen bewusst. Aber das führt sie in eine Konfrontation mit zwei Gegnern – gegen die Physik und gegen die Mitmenschen, die sich vor der Einsicht sträuben. Die Physik verhandelt nicht. Ihr ist nur mit entschlossenem Handeln beizukommen. Um aber entschlossen genug zu handeln bräuchte es eine gewisse Einigkeit der Betroffenen, also von vielen, vielen Menschen.
Wie kann also die Klimabewegung weiter und wirkungsvoller vorankommen? Genügt es noch, Veränderungen zu fordern, oder müssen vielleicht eigenen Vorschläge erarbeitet werden? Ist die organisatorische Aufstellung der Klimabewegten noch angemessen, oder braucht es eine Institutionalisierung? Besteht die Möglichkeit, die vielfältigen Engagements zu bündeln um mehr Kraft zu entfalten?
Ich denke, dass solche Fragen wichtig sind, denn wie gesagt – die Zeit drängt.